Hier leben ist wie Urlaub machen...
Eifelgemeinde mit Herz
Santiago de Compostella, Maria Hilf, Lützel, Klausen, Matthiasgrab in Trier - Pilgerorte mit steigenden Pilgerzahlen. Pilger: Nicht der Bus-Luxusliner fünf Sterne mit Liegesitzen! Nein! Der Fußpilger ist gemeint. Zunehmend klopft er an die Pfarrhaustür und und bittet um ein Siegel des Pfarramtes zum Nachweis, dass er den Weg zum Apostelgrab des Hl. Jakobus gegangen ist. Der "Camino" lockt und zieht magisch an. Unlängst eine ältere Dame, die um Quartier bittet. Allein will sie die lange Wegstrecke in einer Tour bewältigen. Ich helfe ihr, so gut ich kann, und höre ihr zu. Dann zwei Studenten, bepackt mit zwölf Kilogramm, darunter ein Zelt, um unabhängig von Herbergen zu sein. Was ist denn Ihre spirituelle Triebfeder?, sage ich. Ich kann ja die sportliche Herausforderung verstehen, doch was lockt am Pilgerziel? Warum nicht zu Fuß über die Alpen? Der junge Mann sagt sinngemäß: Er suche Gott, er habe lange ohne ihn gelebt, so, als gäbe es IHN nicht. Ob ich denn einen spirituellen Leitfaden hätte? Eine Bibel hätten sie dabei. Ich empfehle einen Psalm für jeden Tag und die Bergpredigt.
Hunger nach Gott?! Hunger nach dem Wort Gottes?! Ich bin beeindruckt. Mann müsste 30 Jahre jünger sein! Mache mir Gedanken: Ist der Pilger nicht ein Symbol für das pilgernde Gottesvolk? Hat nicht das Zweite Vatikanische Konzil dieses Kirchenmodell "erfunden", um die Dynamik des Unterwegsseins zu verdeutlichen? Jasper und David, die beiden Studenten, trinken ihre Sprudelflaschen aus, füllen ihre Wasserflaschen auf, und wir versichern uns des gegenseitigen Aneinander-Denkens. Ich denke gerne an die Beiden. Heute, am 16. August 2003, könnten sie schon in der Nähe der Pyrenäen sein, das heißt noch rund 1000 Kilometer bis zum Apostelgrab St. Jakobs auf dem Sternenfeld. Ich wäre gern mitgegangen!
Und so bleibt mir nur, den Fußpilgern den alt-galicischen Pilgergruß zuzurufen: "ULTREIA" - guten Weg! Vielleicht jedoch packt es mich selbst, und ich pilgere im September nach Klausen, wenn die Pfarrei Birresborn zum 140. Mal - seit 1863 besteht die Tradition - von Philippsheim aus den Weg zum Heiligtum nach Klausen geht. Dann kann ich selbst von Pilger-Erlebnissen erzählen und pilgerndes Gottesvolk darstellen.
Gerhard Schwan, Pfarrer
Birresborn
Datum | 15.08.2003 |
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Quelle | Quelle: Trierischer Volksfreund |
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