Hier leben ist wie Urlaub machen...
Eifelgemeinde mit Herz
Ein Märchen zur Weihnachtszeit?!
Es war einmal ein Bauer, der hatte einen Brunnen, dessen Wasser in der ganzen Umgebung sehr beliebt war. Der Vater des Bauern hatte den Brunnen vor langer Zeit angelegt, doch als der alte Herr sich aufs Altenteil zurückzog, ging der gesamte Hof ins Eigentum eines Lehnsherrn über, in dessen Pacht nun der jetzige Bauer stand. So lebten alle glücklich und zufrieden.
Doch weit von diesem Hof entfernt begannen Entwicklungen, die das Leben des Bauern beeinflussen sollten. Ein fremder Kurfürst, dessen Ländereien bereits viele unterschiedliche Erträge abwarfen, wollte seine „Ernte“ auch um ein gutes Brunnenwasser ergänzen. Daher hielt er in Nah und Fern Ausschau nach einer Quelle, die er sich dafür kaufen könnte. Auch der Kurfürst der Region, in der unser Bauer seinen Brunnen hatte, hörte von dieser Suche. Da kam ihm eine Idee. Dieser Kurfürst, der schon seit sehr langer Zeit von den Hopfenbeständen seiner Ländereien profitierte, hegte nämlich schon lange den Wunsch, auch in den Weizenanbau einzusteigen, doch fehlten ihm bisher die finanziellen Mittel dazu. Sollte er aber einige seiner Ländereien verkaufen können, so stünde einer solchen Investition nichts mehr im Wege. Und so machte sich der Kurfürst auf, den Lehnsherren zu besuchen.
„Specke er ab,“ sagte er zu diesem, nachdem er bei ihm eingetroffen war. „Sein Grundbesitz ist viel zu weit verstreut, um ein attraktives Kaufobjekt darzustellen. Konzentriere er sich auf das Wesentliche, seine Quellen nämlich, denn in diesen liegt sein wahrer Nutzen.“
Der Lehnsherr hörte diese Worte wohl und nahm sie sehr ernst. Er begann, sämtliche Brunnen in seinen Ländereien in Augenschein zu nehmen und auf ihre Qualität zu testen. Es waren einige darunter, die unter seinem kritischen Blick nicht bestehen konnten. Dabei war die Qualität der Wasser nicht schlecht, der Lehnsherr fand nur eine Quelle, die er für besser als die anderen hielt. Auf diese eine Quelle wollte er sich nun, ganz nach den Wünschen seines Kurfürsten, konzentrieren. Nach und nach stieß er die anderen Brunnen ab, welche danach aufgrund der mageren Geldbeutel der jeweiligen Bauern nicht weiter bewirtschaftet werden konnten.
So kam es, dass der Lehnsherr auch eines Tages den Brunnen unseres Bauern in Augenschein nahm. Und da geschah etwas seltsames. Der gesamte Hof des Bauern war zusammengekommen, um der Prüfung des Wassers durch den Lehnsherrn beizuwohnen. In einem großen Kreis hatten sie sich um den Brunnen versammelt, vor dem nun der Lehnsherr stand und sich, Schöpfkelle in der Hand, tief hinein beugte. Nach einem Moment kam er wieder zum Vorschein, trank aus der Kelle und spuckte sofort angewidert aus. „Bauer, was ist das? Dieses Wasser ist verunreinigt, weißt du das denn nicht?“ sagte der Lehnsherr zornig. „Dieses Wasser kann niemand mehr trinken. Ich lasse den Brunnen zuschütten.“
Die Mägde und Knechte des Hofes traf diese Nachricht schwer, denn der Brunnen war ihr ganzer Stolz gewesen. Der Bauer allerdings zuckte traurig mit den Achseln, senkte den Kopf, tat einen großen Seufzer und verschwand gesenkten Hauptes im Bauernhaus.
Sofort wurde der Dorfschullehrer herbeigerufen, der sich mit der Chemie auskannte. Er sollte die Worte des Lehnsherren überprüfen, der mittlerweile wieder abgereist war. Der Lehrer erschien wie befohlen, und er machte sich sogleich ans Werk. Mit bangen Blicken beobachteten die Mägde und Knechte sein Tun. Schließlich sah der Lehrer von seinen Werkzeugen auf und verkündete traurig: „Was der hohe Herr sagte, ist wahr. Dieser Brunnen ist verunreinigt und kann so nicht weiter genutzt werden. Allerdings ist die Verunreinigung des Wassers schon vor mehreren Monaten geschehen.“ Das wunderte die Zuhörer gar sehr, hatte doch der Bauer erst vor wenigen Wochen eine eigene Prüfung des Wassers unternommen und nichts von etwaigen Schäden verlauten lassen.
Doch der Bauer schwieg, verließ nicht einmal mehr das Haus. Es kam, wie es in solchen Fällen immer kommt: Die Mägde und Knechte, denen eine Erklärung für das Geschehene ja fehlte, ergingen sich in den wildesten Gerüchten.
„Es liegt am Tod des alten Bauern,“ glaubten die einen, denn der alte Bauer, der den Brunnen damals selbst angelegt hatte, war vor kurzer Zeit verstorben. „Der Lehnsherr selber war’s,“ flüsterten andere hinter vorgehaltener Hand, „er hat den Brunnen verschmutzt, weil er ihn schließen wollte, wie er auch all die anderen Quellen bereits geschlossen hat.“ Und einige vermuteten sogar, der Bauer selbst hätte seine Finger in dem bösen Spiel gehabt, von dessen Existenz sie überzeugt waren.
So ergingen sie sich in Andeutungen, während um sie herum bereits Ställe abgebaut und gutes Zuchtvieh geschlachtet wurde. Denn der Brunnen war sehr beliebt gewesen und hatte als Haupteinnahmequelle des Hofes gedient, mit dessen Ertrag man auch andere Unternehmungen hatte finanzieren können. Ohne Brunnen waren auch diese nicht länger durchführbar.
Der Lehnsherr wiederum schrieb in einem Brief an seinen Kurfürsten, dass er dessen Wunsch entsprochen habe und die Ländereien auf das wesentlichste zusammengekürzt worden seien. Als der Lehnsherr dies las, lächelte er zufrieden. Den Kopf voller Ideen für seine kommende Weizenproduktion, lehnte er sich zurück und wartete darauf, dass der fremde Kurfürst, der ja nach gutem Quellwasser suchte, auf die eine verbliebene Quelle des Lehnsherren aufmerksam wurde. Dann, so war er sich sicher, könnte er ein sehr gutes Geschäft machen. Ob der fremde Kurfürst aber überhaupt Interesse an dieser einen Quelle haben würde, konnte er nicht wissen. Stattdessen verließ er sich auf die eine Sache, auf der auch dieses Märchen beruht – auf die reine Spekulation.
Datum | 06.12.2003 |
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Quelle | Christian Humberg |
Unternehmen | Birresborner Phoenix Sprudel GmbH |
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