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Eifelgemeinde mit Herz
Heute vor 103 Jahren wurde Julia Fischer geboren. Der 27. Januar, das war auch der Geburtstag von Kaiser Wilhelm II.
Hürth / Brühl - „Iss“, ermuntert Hanjo Fischer seine Mutter. Schokolade mag sie für ihr Leben gern. Besonders die mit Pfefferminz gefüllte. An der Rezeption des Anna-Hauses in Hürth hat Hanjo Fischer gerade Nachschub besorgt. „Das Personal kümmert sich hervorragend um meine Mutter“, sagt er: „Dennoch komme ich jeden Tag und schaue nach dem Rechten.“
Heute vor 103 Jahren wurde Julia Fischer geboren. Der 27. Januar, das war auch der Geburtstag von Kaiser Wilhelm II. Ein großer Moment für die damals junge Nation, gefeiert mit Militärparaden und Soldatenaufmärschen. „Mein Vater sagte, man könne ihren Geburtstag schon deswegen nicht vergessen.“ Heute wird der 27. Januar weniger pompös gefeiert. Aber noch immer hat Fischer den Geburtstag seiner Mutter fest im Visier. Zusammen mit den Pflegern des Heimes bereitete Hanjo Fischer den heutigen Empfang im Anna-Haus vor. Bei Kaffee und Kuchen feiern alle Hausbewohner gemeinsam und lassen seine Mutter noch einmal hochleben. In den 20er Jahren besuchte sie das Ursula-Gymnasium in Brühl. Julia Fischer gehört zu den wenigen Frauen, die in dieser Zeit Abitur machten. Später arbeitete sie als kaufmännische Kraft im Großhandelsbetrieb ihres Vaters, an der Uhlstraße, neben der Giesler-Brauerei. Eines Tages schneite ein junger Herr ins Büro herein. „Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt Hanjo Fischer. 1928 heirateten Julia und Heinz Fischer. In den folgenden Jahren erblickten Heinz-Karl, Hanjo und Marie-Luise das Licht der Welt.
Noch vor dem Zweiten Weltkrieg kaufte das Ehepaar das Gelände um die Birresborner Mineralquelle in der Vulkaneifel. Eine Geschäftsidee, die der Familie zugute kam, als nach der Weltwirtschaftskrise der Handel in Deutschland zusammenbrach. Die Fischers sattelten auf Wasserwirtschaft um und nutzten den Birresborner Brunnen, wo sie Sprudel in Flaschen abfüllten.
Doch das Glück währte nicht lange: Im Winter 44 / 45 wurde Birresborn ausgebombt: Bei Luftangriffen der Alliierten starb rund die Hälfte der Einwohner, und auch die Fabrikanlagen wurden zerstört. „Ein Wunder, dass wir überlebten“, sagt der 74-jährige Hanjo Fischer heute. Bevor ihr Mann 1950 aus russischer Gefangenschaft wiederkehrte, kümmerte sich Julia Fischer allein um die Familie. „Sie tat alles für uns“, sagt Hanjo, während er seine Hand auf die Wange seiner Mutter legt.
Nach über drei Jahrzehnten in Köln kehrte Julia Fischer 1978 an den Ort ihrer Kindheit zurück; die Familie kaufte ein Haus in Brühl. Nachdem ihr Mann gestorben war und sie zwei ihrer Kinder überlebt hatte, bezog sie ein Zimmer im Seniorenzentrum in Hürth. Dort verbringt sie ihren Lebensabend. „Sie ist zufrieden, es geht ihr dem Alter entsprechend gut“, sagt Sohn Hanjo.
Datum | 27.01.2006 |
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Quelle | Kölner Stadt Anzeiger |
Gelesen | 1997 mal |